Die Resonanz auf ein bedeutendes Kunstwerk mag unterschiedlich sein, doch eine gewisse Verunsicherung schwingt in jedem Fall mit. Neue Kunst irritiert schon in der Anschauung – nicht selten löst sie gar nervöse Reaktionen beim Betrachter aus. Ältere Werke sind zwar arriviert, doch längst nicht passé. An ihnen verunsichert die Aufgabe, den erreichten Werkszustand auf unbestimmte Zeit zu konservieren. Eine doppelte Verunsicherung geht also von alter und neuer Kunst aus. Jeder Schmiss, jeder Kratzer, jeder Bruch, alle äußeren und Fremdeinwirkungen führen irreparable Spuren herbei. Ein Unfall ist, was nicht der Fall sein darf. Reparaturen sind schwierig und eine restaurative Wiederherstellung spendet nur Trost in der Not. Die durch seinen Besitz getragenen Unsicherheiten verschmelzen daher unmittelbar mit den in der Betrachtung des Kunstwerks erlebten Verunsicherungen. Dass Kunst, die verunsichert, nicht unversichert bleiben kann, ist schließlich die alle gegenwärtige Kunst gleichermaßen treffende Ironie.
Die wirksame Versicherung beginnt am Werk. Sie ist weniger Ergebnis von aktuarischen Kalkülen, sondern einer Expertise, die auf praktische Erfahrungswerte aufbaut und mit feinsinnigem Kunstverständnis gewürzt ist. Die Zahl, das Metrum der Bemessung und Berechnung, tritt hinter jene verunsichernde Existenzweise des Werks zurück, das, sei es als anspruchsvoller Passagier, empfindsames Exponat oder einfach als genügsamer Gast oder Mitbewohner in den eigenen vier Wänden, Sicherheit und Geborgenheit fordert. Seine Einzigartigkeit und Fragilität verlangen ein sachverständig geschliffenes Gespür für Materialität, Aufbau und strukturelle Beschaffenheit. Sicherheit geht aber erst aus einer fein abgestimmten Spannung der verschiedenen Parameter, wie Wert, Ort, Zeit, Transportwege, Beförderungsmittel, Verpackungen, Lager- und Lieferbedingungen, hervor. Sämtliche Unbekannte müssen ermittelt und Ensemble komponiert werden. Nur eine auf die Besonderheiten der Werke abgestimmte Ablauforganisation und Risikoberechnung kann den prekären und prätentiösen Gegenstand der Kunst auch auf der Reise und auf Dauer versiegeln.
Die Einzigartigkeit des Kunstwerks hat ihren Gegenwert, in dem mit seinem Besitz getragenen Risiko. Dieses kann zwar nicht verringert werden, doch natürlich lässt es sich versichern. Maßgebend sind dafür die je individuellen Eigenschaften des Werks. Sie erkennen und verstehen, dafür steht der Name Artekuranz, der mehr bedeutet als eine nur auf den Kunstwert bezogene Absicherung. Er steht vor allem für die Sicherheit des Kunstwerks selbst. Denn ein besonderes Werk muss auf besondere Weise versichert werden.
Timo Kaabi Linke, Philosoph