Alfred Tarazi – 2011 Artist in Residence bei Krinzinger Projekte – zeigt im Parterre der Galerie Krinzinger unter dem Titel THE SENSELESS REALM seine erste Einzelausstellung.Alfred Tarazis Arbeiten bedienen sich der Idee des Panoramas, eine filmische Technik aus dem 19. Jahrhundert. Dargestellt sind fortlaufende Landschaften, die aus archivierten Abbildungen zu einer Collage über den libanesischen Bürgerkrieg (1975 – 1990) zusammengesetzt sind. Die fünf großen Panoramen (Druck auf Papier) sind jeweils in einer Box montiert. Der Betrachter kann diese mittels einer Kurbel bewegen und wird so Bildabschnitt für Bildabschnitt mit den grauenvollen, Geschichten des Krieges konfrontiert. Die apokryphe, erzählerische Konstruktion jeder Geschichte wird durch neu in Szene gesetzte Bilder des Krieges erzählt.Dieser künstlerischen Intervention liegt eine erkenntnistheoretische Frage zugrunde: Welches spezifische Wissen eignet man sich in der Wahrnehmung des Krieges an? Wie schreibt sich dieses Wissen in das Gedächtnis ein? Findet sich in der Archäologie des Wissens über den Krieg – den tausenden, grausamen Bildern von Zerstörung, Verwüstung und Horror – ein Anspruch auf Wahrheit? Wie könnte sonst eine Übertragung stattfinden? Können Bilder nur Zeugnis ablegen oder regen sie auch zu weiteren Methoden und Modellen des Verstehens an?
Wenn wir unseren Blick auf die Gesichter jener Männer und Frauen im Krieg richten, erfolgt eine zufällige Realisierung: Krieg ist ein Lernprozess, aber das verbotene Wissen zu Töten, erscheint lediglich in einer kafkaesken Manier erworben zu werden: „Er hat den archimedischen Punkt gefunden, hat ihn aber gegen sich ausgenützt, offenbar hat er ihn nur unter dieser Bedingung finden dürfen.“ ¹Menschen lernen letztlich im Krieg das Töten – das ist Suchen nach einer Fluchtmöglichkeit aus dem Sein, um sich dorthin zu bewegen wo zu gleichen Teilen Freiheit und Negation agieren. Dieses verbotene Wissen, vergleichbar mit dem „Absoluten“ kann nur durch Verneinung und Widerspruch dialektisch erreicht werden. Aber dieses Wissen ist nie grundlos: Die Strafe dafür ist die unmittelbare Bestechung der Sinne.
Einzutauchen in diese Panoramen voll von zähem und stumpfem Wissen bedeutet eine permanente Ruine zu betreten – eine Welt von verkümmerten Gefühlen und Halbwahrheiten. Oder in den Worten von John Kelsey: "It is a postwar feeling of lost coordinates, a certain anonymous emptiness... It is both ruined and fresh."²