Die neue Werkserie Idole von Erwin Wurm umfasst Marmorskulpturen in Form von Würsten, Semmeln und Gurken, die in überproportionaler Größe präsentiert werden.Der Künstler widmet sich in seinen Werken wiederholt dem Thema gesellschaftlicher Hüllen, die der individuellen oder auch kollektiven Identitätsbildung dienen. Dabei wird oftmals das absurde Streben nach der Sicherung eines sozialen oder auch körperlichen “Fettpolsters” thematisiert, wobei ein unersättliches Verlangen nach Essen oder Konsum als Kompensation existenzieller Verunsicherung gedeutet werden kann. Der Akt der Einverleibung ist in Wurms Arbeiten oftmals ein zentraler Begriff, sowie das Verhältnis zwischen Außen und Innen.
Als naturgemäß vollgepresste Objekte, werden die Würste und ihre kulturelle Bedeutung zum Sinnbild innerlicher und sozialer Konflikte. Für Wurm waren Würste als Kind und später als Student ein alltägliches Nahrungsmittel. Sie sind für ihn bis heute mit seinem damaligen sozialen Umfeld und den damit einhergehenden gesellschaftlichen Normen verbunden. Vor allem im deutschsprachigen Raum ist die Wurst Kulturgut und weist eine vielzahl an Assoziationen auf, die von traditionellen Werten bis zur Umweltkritik reichen.
Die Skulpturen tragen Titel verschiedener Tugenden, die einen Kontrast zu den mit Genuss oder sogar Völlerei konnotierten Motiven bilden. Auch die Materialität des glänzend polierten Marmors steht im Widerspruch zu dessen trivialer Form und weckt dabei Assoziationen zu klassischen Figuren der Antike. Ihre gebogene Form kann in diesem Zusammenhang als ironischer Verweis auf Figurenideale wie Contrapposto oder Figura serpentinata gedeutet werden.
Durch die Vermenschlichung des Objekts verschwimmt die Grenze zwischen Ding und Körper. Die Würste und Gurken – wiederkehrende Motive in den Werken des Künstlers – werden zu Monumenten der Herrschaft des Konsums über menschliche Individuen.
Erwin Wurm wurde 1954 geboren und lebt und arbeitet in Wien und Limberg, Niederösterreich. Institutionelle Einzelausstellungen waren zuletzt in der MEP, Maison Européenne de la Photographie, Paris (2020); Taipei Fine Arts Museum (2020); Museum Jorn, Silkeborg (2019); Musée Cantini, [mac] Musée d’Art Contemporain, Musée des Beaux-Arts, Marseille (2019); Albertina, Wien (2018); Kunstmuseum Luzern (2018); Public Art Fund, New York (2018); Lehmbruck Museum, Duisburg (2017); Centro Cultural Banco do Brasil, São Paulo (2017); MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst, Duisburg (2017) und im österreichischen Pavillon der 57. Biennale di Venezia (2017) zu sehen.