Die SKD besitzen mit 73 Pastellen das weltweit größte Konvolut an Arbeiten der Venezianerin. Unter August III. befanden sich noch mehr als doppelt so viele Werke Carrieras im Bestand der Galerie. 1746 wurde im Johanneum nahe der Frauenkirche sogar ein eigenes Pastellkabinett eingerichtet und nach ihr benannt.
Die Pastellmalerei galt damals noch als eine vergleichsweise junge Gattung. Carriera war maßgeblich daran beteiligt, dass diese Maltechnik zu einem geschätzten Genre wurde. Wie gefragt die Künstlerin war, zeigen die vielen Bildnisse von Fürsten regierender Herrscherhäuser Europas. Ein Besuch bei ihr zählte zudem zum festen Programm der zahlreichen Reisenden auf ihrer Grand Tour durch Italien. Sie hielt aber auch Literaten, Musiker und Tänzerinnen ihrer Heimatstadt Venedig fest.
Rosalba Carrieras Pastelle sind Zeugnis der Schönheitsideale des Rokoko, deren Kosmetik vom weißen Puder bestimmt war: blasse, ebenmäßige Haut, bestäubte Haare und Perücken. Die Wiedergabe der Gesichter, der Kleidung und der Frisuren findet in den pulvrigen Oberflächen der Gemälde ihre realistische Entsprechung. In Kooperation mit dem Studiengang Theaterdesign und Maskenbild der Hochschule für Bildende Künste Dresden entstand ein Filmprojekt, bei dem die Studierenden kreativ mit Puder- und Farbpigmenten umgingen.
Carrieras künstlerische Anfänge liegen in der Miniaturmalerei. In dieser Gattung ernannte die Kunstakademie San Luca in Rom sie 1705 zu ihrem Mitglied. Diese hohe Auszeichnung wurde nur wenigen Frauen zuteil, zumal ihnen eine akademische Ausbildung noch lange verwehrt blieb. Auch die Accademia Clementina in Bologna nahm sie 1720 als Mitglied auf, und ein Jahr später die Académie Royale in Paris.
Die Ausstellung führt das Publikum zunächst in die Lagunenstadt Venedig, mit Ansichten des Canal Grande, an dem Rosalba Carriera ihren Wohnsitz hatte. Zu entdecken gibt es auch typische kunsthandwerkliche Erzeugnisse der Zeit wie Glas, Spitze oder feines Tuch. Neben Porträts werden ausgewählte Heiligenbilder Carrieras gezeigt. Zudem werden auch einige Bildrückseiten präsentiert, auf denen man mit kleinen noch in Venedig aufgeklebten Zetteln mit Darstellungen der Heiligen Drei Könige um Schutz bei dem gefährlichen Kunsttransport nach Dresden bat. Pastelle sind gegenüber kleinsten Erschütterungen überaus empfindlich; welche Schäden diese fragilen Arbeiten bedrohen, zeigt die Dokumentation von zwei restaurierten Werken. Schließlich wird auch der Verlust von 83 Werken thematisiert, der die unterschiedlichsten Ursachen wie Diebstahl, Verkauf oder Zerstörung im Zweiten Weltkrieg hatte.
Die Präsentation wird bereichert durch Leihgaben aus anderen Sammlungen der SKD - überwiegend dem Kupferstich-Kabinett und dem Kunstgewerbemuseum - sowie nationalen und internationalen Museen, wie dem Deutschen Hygiene-Museum Dresden, der Staatsbibliothek zu Berlin, der Tansey Miniatures Foundation im Bomann-Museum Celle, dem Rijksprentenkabinet Amsterdam, den Gallerie degli Uffizi in Florenz, der Accademia di San Luca in Rom und mehreren Privatsammlungen.
Parallel zur Schau richtet eine konzentrierte Kabinett-Ausstellung mit dem Titel „Aus dem Schatten. Künstlerinnen vom 16. bis 18. Jahrhundert“ bis zum 20. August 2023 den Blick auf weitere Künstlerinnen, die bislang eher ein Schattendasein neben den großen und meist männlichen Namen der Kunstgeschichte führten. Oft waren es Töchter berühmter Meister, die eine Ausbildung in der Werkstatt ihres Vaters absolvierten und sich in diesem von Männern dominierten Berufsfeld behaupten konnten. Werke von Lavinia Fontana, Marietta Robusti, gen. La Tintoretta, Theresa Concordia Maron, geb. Mengs und Angelika Kaufmann werden präsentiert.
Begleitend zur Ausstellung wird der Katalog „Rosalba Carriera. Perfektion in Pastell“ im Sandstein-Verlag erscheinen. Herausgegeben von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Roland Enke und Stephan Koja. 280 Seiten, ca. 220 meist farbige Abbildungen, Festeinband, 44€.
10-18 Uhr, Montag geschlossen
Eintrittspreise
regulär 14 €, ermäßigt 10,50 €, unter 17 frei, ab 10 Pers. 12,50 €
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