Kaiser Ludwig IV. (1294/1314–1347), genannt „der Bayer“, nimmt einen ersten Platz ein in der Ahnengalerie der „bayerischen Helden“. Über viele Jahrhunderte war er eine Identifikationsfigur der bayerischen Geschichte: als erster Wittelsbacher auf dem Kaiserthron, als Förderer der Städte, als Mehrer des bayerischen Herzogtums und nicht zuletzt als standhafter Kämpfer gegen päpstliche Machtansprüche. Das vielleicht eindrucksvollste Zeugnis für diese durchwegs positive bayerische Erinnerung an Kaiser Ludwig ist das spätgotisch-frühbarocke Grabmal in der Münchner Frauenkirche. In bemerkenswertem Gegensatz hierzu stehen die Versuche seiner Gegner, das Andenken an ihn zu tilgen. Maßgeblich hierfür war die päpstliche Kanzlei, die hartnäckig von „Ludovicus Bavarus“ sprach, von „Ludwig dem Bayern“, und ihm damit die Herrschaft über das Reich absprechen wollte. Vollends verdunkelt wurde sein Bild in der Geschichte dann durch den Gegenkönig und Nachfolger Karl IV.In der öffentlichen Wahrnehmung findet die Phase zwischen dem Ende der Stauferherrschaft und dem Kaisertum des prächtig in Prag residierenden Karl IV. wenig Beachtung. Doch vieles, wofür Ludwigs Nachfolger gerühmt wurde, geht bereits auf die Zeit des Wittelsbachers auf dem Kaiserthron zurück. Damals lag Bayern im Blickpunkt Europas. Es war die Zeit, in der grundlegende Neuerungen das überkommende Weltbild in Frage stellten, in der neue gesellschaftliche Gruppen Einfluss auf das Spiel der Mächtigen nahmen, eine Zeit, in der manches seinen Anfang nahm, das die moderne Welt heute prägt. Dies und das 700-jährige Jubiläum der Königswahl Ludwigs des Bayern im Jahr 1314 sind der Anlass, seine Herrschaft und deren Grundlagen in den Mittelpunkt einer großen Retrospektive zu stellen Die Ausstellung wird mit kulturhistorischem Blickwinkel die Umbrüche in den Jahrzehnten von etwa 1300 bis etwa 1350 verfolgen – bis hin zu den großen Pestwellen von 1348/49, die gewissermaßen ein Zeitalter abschlossen. Dabei werden die Klischees hinterfragt, die über Ludwig den Bayern in Umlauf sind. Die Ausstellung entwirft ein Panorama der Zeit in ihrem politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Wandel. Betrachtet man die Zeitspanne von immerhin 45 Jahren (1302 bis 1347), in denen Ludwig auf verschiedenen Ebenen Herrschaft ausübte, so zeigt sich eine Konstante: Um sich gegen unterschiedlichste Gegenkräfte zu behaupten (die konkurrierenden Dynastien der Häuser Habsburg und Luxemburg, den in Avignon residierenden Papst, die geistlichen Kurfürsten), setzte Ludwig oft auf bisher nicht oder nicht in diesem Umfang genutzte Mittel. So förderte er das sich in dieser Zeit herausbildende Kaufherrenpatriziat und privilegierte Handel und Handelswege, um verstärkt Geldmittel für seine Politik zu erhalten. Er nutzte die Gegnerschaft der radikalen Minoriten gegen den Papst, um in seinem Konflikt mit Avignon auch theologisch und juristisch gewappnet zu sein.Das Doppelkönigtum mit Friedrich dem Schönen, die zunächst papstlose Kaiserkrönung in bewusster Anknüpfung an den Glanz des antiken Rom und die Umsetzung einer säkularen Kaiseridee waren radikal neue Legitimationsstrategien, die neue Wege für das spätmittelalterliche Königtum im Reich wiesen. Neu war auch das Miteinander der vielen Machtzentren – statt auf Befehl und Gehorsam gegenüber einem starken König (so in Frankreich) setzte Ludwig auf Konsens und gemeinsame Herrschaft vieler Ebenen, vom Kaiser über die Fürsten bis zu den Städten. Was alle betraf, sollte auch von allen mitgetragen werden. Hier finden sich bemerkenswerte Vorläufer der föderalen Strukturen, die bis heute Deutschland prägen.