Um 1900 veränderte sich das Verhältnis von Stadt und Land auf eine Weise, die man nur als epochal bezeichnen kann. Die Industrialisierung und die fortschreitende Urbanisierung verwandelten die Städte in Zentren wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Dynamik. Der Zustrom unzähliger Arbeitskräfte brachte neue soziale Milieus hervor, doch er schuf zugleich Spannungen, die das Leben in der Metropole unausweichlich prägten. Hektik, Lärm und Enge der Großstadt führten zu einer wachsenden Sehnsucht nach dem Ländlichen, das in der Vorstellung vieler als Gegenwelt, als Ort der Ruhe und als Erholungsraum verklärt wurde.
In der Kunst dieser Zeit fand dieses Spannungsfeld zwischen Urbanität und Natur einen breiten Widerhall. Die 1899 gegründete Berliner Secession wurde zum Sammelpunkt für jene Künstler, die sich vom akademischen Betrieb lossagten, um neue Wege zu gehen. Sie thematisierten die Faszination wie auch die Widersprüche der Moderne. So zeigte Hans Baluschek das Elend und den Glanz der Metropole, Otto Nagel griff die soziale Härte des Berliner Lebens auf, während Willy Jaeckel die Dynamik der neuen Zeit ins Bild setzte. Zugleich widmeten sich Karl Hagemeister und Walter Leistikow dem unberührten Zauber des Berliner Umlands, wo Licht, Luft und Landschaft als Gegenbilder zur städtischen Enge leuchteten.
Die Ausstellung „Havelluft und Großstadtlichter“ bringt diese beiden Welten in eindrucksvoller Weise zusammen. Sie zeigt, „wie urbanes Leben und ländliche Idylle von der Kunst ins Bild gesetzt wurden – vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die spannungsgeladenen 1920er Jahre.“ Damit eröffnet sie einen Dialog über eine Epoche, in der das moderne Lebensgefühl ebenso geboren wurde wie die künstlerische Auseinandersetzung mit seinen Gegensätzen.
Gestaltet von Gerwin Schmidt im Jahr 2025, ist diese Schau nicht nur eine kunsthistorische Reise, sondern auch ein Spiegel für Fragen, die bis heute aktuell geblieben sind: Wie sehr prägen Stadt und Land unsere Identität, unsere Sehnsucht, unser Bild von Freiheit und Heimat? „Havelluft und Großstadtlichter“ antwortet mit Bildern, die beides zeigen – die Verlockung der Metropole und die stille Kraft des Landes.
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