Joel-Peter Witkin: Broken World – Die Schönheit des Widerspruchs
Für mehr als fünf Jahrzehnte gehört Joel-Peter Witkin zu den einflussreichsten Künstlern, die die Fotografie an die Spitze der visuellen Künste geführt haben. Seine inszenierten Bilder, die präzise Arbeit mit Negativ und Abzug, verwischen die Grenzen zwischen Fotografie und Malerei, zwischen Dokument und Szene. Die Ausstellung „Broken World“ präsentiert Arbeiten aus den Jahren 2010 bis 2025 – eine späte Synthese seines Schaffens, ein nachdenklicher Schnittpunkt der Gattungen, der nicht auf den schnellen Eindruck zielt, sondern auf das langsame Lesen des Bildes als Ereignis.
„Witkin’s work features recurring motifs of vanitas, metamorphosis, and the clash between the sacred and the profane.“ In dieser Spannung entfaltet sich der Kern seiner Kunst: Das Vergängliche trifft auf das Erhabene, das Profane auf das Sakrale. Der Text im Bild fungiert als Regieanweisung, der Humor belebt die Szene, und die bewusste Unausgewogenheit der Komposition hält den Blick gefangen und führt ihn immer wieder zum Zentrum des Geschehens zurück.
„The beauty here consists not in style but in courage – it is born of the conflict between order and matter, requiring time, a tolerance of ambivalence, and a disciplined gaze.“ Schönheit, so Witkin, ist kein Stil, sondern Mut. Sie entsteht aus dem Widerspruch zwischen Ordnung und Materie, verlangt Zeit, Ambivalenz und Disziplin.
Seine Eingriffe in Negative, Collagen, Tonungen und Kratzer verwandeln die Zeit der Entstehung in die Zeit der Betrachtung. Licht wird zum Werkzeug, das aus der Dunkelheit selbst jene Dinge hervorholt, die wir lieber übersehen würden. Die späten Werke wechseln zwischen monumentalen Inszenierungen und intimen Formaten, doch die Methode bleibt unverändert: Eine präzise Struktur hält das Bild in Spannung, damit es nicht in Effekthascherei oder Moral verfällt.
„The exhibition also highlights Witkin’s drawings, which act as a score for the composition and as an intimate counterpart to the photographs.“ Diese Zeichnungen sind Partitur und Gegenstück zugleich – sie zeigen, wie ein Bild geboren wird, noch bevor es belichtet ist. In ihnen offenbart sich die Disziplin des Künstlers, seine Suche nach der Balance zwischen Linie und Geste, Form und Bedeutung.
„The exhibition Broken World offers the experience of slowing down, which restores the image’s dignity.“ In einer Zeit der visuellen Überflutung ist das eine Einladung zur Verlangsamung, zur Wiederentdeckung der Würde des Bildes. Die Ausstellung erinnert an Witkins außergewöhnliche Position in der Kunst der letzten Jahrzehnte und zeigt, warum seine Arbeit weiterhin prägt, wie wir über Körper, Erinnerung und die Bedeutung von Bildern denken.
Joel-Peter Witkin, 1939 in Brooklyn geboren und in Albuquerque lebend, zählt zu den prägnantesten Vertretern der inszenierten Fotografie des 20. und 21. Jahrhunderts. Seine sorgfältig komponierten Szenen verbinden Tod, Glauben, Körperlichkeit und Sexualität mit Verweisen auf die Malerei und religiöse Ikonografie. Charakteristisch ist sein experimenteller Umgang mit dem fotografischen Prozess – Kratzen, Tönen, manuelle Eingriffe in die Negative, die seiner Kunst eine unverwechselbare Aura verleihen.
Seine Werke befinden sich in den Sammlungen bedeutender Museen wie dem Museum of Modern Art in New York, dem J. Paul Getty Museum in Los Angeles, der National Gallery in Washington, dem Victoria and Albert Museum in London und dem Centre Pompidou in Paris. Witkin stellte unter anderem im Museo Reina Sofía in Madrid, im Arizona State University Art Museum und im MoMA New York aus.
Kurator: Otto M. Urban
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